Herbert Leupin

Doyen der Schweizer Werbegrafik

Herbert Leupin (*1916) gehört zu den produktivsten Schweizer Plakatkünstlern. Im Lauf einer langen und erfolgreichen Gestaltertätigkeit mit einem imposanten Gesamtwerk von rund 1000 Plakaten hat er die Schweizer, aber auch die internationale Plakat-Landschaft enorm belebt und mitbestimmend akzentuiert. Heute darf man ihn die Symbolgestalt der Schweizer Grafik schlechthin nennen. In seinem Bild- und Wortwitz wie auch in seinem Charme und Humor ist er unerreicht. 89 seiner Plakate wurden insgesamt unter den jeweils «Besten Schweizer Plakaten des Jahres» vom Eidgenössischen Departement des Innern mit einer Anerkennungsurkunde prämiert. Daneben erhielt er auch zahlreiche internationale Preise, wie zum Beispiel 1960 den «Medal Award of the Art Directors Club» in Chicago, 1968 eine Auszeichnung an der Plakat-Biennale in Warschau, 1974 die Verleihung der Ernst-Litfass-Medaille in Kassel. Zudem verging seit seinem ersten Erfolg 1939 mit dem ersten Rang beim Plakatwettbewerb für das Eidgenössische Schützenfest kaum ein Monat, in dem Herbert Leupin nicht eine Vernissage gehabt hätte im größten, weitesten Ausstellungsraum der Schweiz, in der »Galerie der Strasse». Herbert Leupins Plakate sind auch mit dabei, wenn es um die Eroberung großer europäischer und außereuropäischer Märkte geht. Seine Plakate sind so etwas wie eine Art Exportartikel, die der Schweizer Plakatkunst zu Weltruhm verholfen haben.

«Meiner Meinung nach hat Herbert Leupin eine große Zukunft vor sich.» Was Paul Colin, der große Mann der französischen Plakatkunst und Lehrer von Herbert Leupin, in dessen Zeugnis schreibt, wird sich bestätigen.
Herbert Leupin wird 1916 als Sohn eines Wirte-Ehepaares im «Hotel zum Löwen» in Beinwil, AG, geboren. In Augst, BL, verbringt er seine Jugend, wo seine Eltern das legendäre Wirtshaus «Zum Rössli» führen. Der Vater Robert Leupin ist weitherum für seine «Tournedos des Gourmets» (mit Gänseleber, Champignons und Pommes chäteau) berühmt, die er mit Vollendung zuzubereiten versteht. Herbert Leupin führt später seinen «senso del gusto», den besonderen Sinn des Geschmacks, auch auf dem Gebiet der Ästhetik, auf diese Schulung durch seinen Vater zurück. Schon früh dringt sein Wille zum Zeichnen durch, so dass er auf Rat seiner Gymnasiallehrer, von 1931 bis 1934 die Gewerbeschule in Basel besucht. Dort nehmen sich seine Lehrer Paul Kammüller, selbst ein erfolgreicher Plakatkünstler, und Theo Eble, ein konstruktiver Maler der legendären «Gruppe 33», des jungen Talents an, fördern seine Fähigkeiten und werden für Herbert Leupin zu wichtigen Anregern. Was Leupin im Spezialfach «Gegenstandszeichnen» bei Theo Eble und im Kurs «Farbe und Form» gelernt hat, wird sein künftiges CEuvre grundsätzlich prägen. Im damals progressiven Reklame- und Photoatelier von Hermann Eidenbenz in Basel absolviert Leupin von 1935 bis 1936 ein Praktikum. Sein Reifezeugnis holt er sich an der berühmten Ecole Graphique von Paul Colin in Paris, wo er ein Jahr lang studiert. Colin tritt mit einer Fülle künstlerisch freier Plakate, hauptsächlich für Variete, Revue-Stars und Zirkus hervor. Den verspielten Zauber der Zirkuswelt greift Leupin in seinem Spätwerk in der Thematik der Clowns wieder auf. Wie Colin bleibt auch Leupin ein Gebrauchsgrafiker, der seinen Pinsel ganz in den Dienst der Werbung stellt und seine Funktion als ein Glied im Wirtschaftsprozess umschreibt. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz 1937 und einer kurzen Mitarbeit im Atelier von Donald Brun, dem seinerzeit erfolgreichsten Grafiker in Basel, macht sich Herbert Leupin selbständig und eröffnet in August sein eigenes Atelier. Gleichzeitig tauchen seine ersten Werke an Schweizer Plakatwänden auf. Was bescheiden im Estrich des Elternhauses geschaffen wurde, sollte bald die ganze Schweiz plakatieren.
Einer der ersten größeren Aufträge ist ein Plakat für die Großmetzgerei Bell von 1939. Das Thema «Aufschnitt» sowie das Bell-Signet sind Vorgaben. Leupin besorgt sich die notwendigen Wurstwaren bei seinem Vater und zeichnet sie, appetitlich arrangiert, auf einem Holzbrettchen. «Ich habe sie auf einem Holzbrettchen drapiert – und dann einfach abgezeichnet. Eine wahre Fleißarbeit.» Als «Esprit» gesellt er ihnen ein Cornichon hinzu. Das Logo der Firma Bell erscheint in Form eines Brandstempels auf dem Griff des Holzbretts ein vorzüglicher gestalterischer Einfall. Leupins Plakat hatte für die Großmetzgerei ein unerwartetes Nachspiel: «Die Leute waren so verrückt hinter dem fiktiven Brettchen her, dass der Firma nichts anderes übrig blieb, als es produzieren zu lassen.» Diese verlockende Präsentation einer «Aufschnittplatte» wirkt im Kriegsjahr 1939 wie eine Sensation an der Plakatwand. Das Plakat ist der erste durchschlagende Erfolg Leupins und bedeutet gleichzeitig den Anfang seiner gut 40jährigen Laufbahn als Plakatgestalter. Es zeigt deutlich Leupins Anlehnung an den Stil der so genannten «Neuen Sachlichkeit», wie sie in Basel von Niklaus Stoecklin vertreten worden ist. Es handelt sich dabei um eine Kunstrichtung, die sich nicht von der sichtbaren Wirklichkeit entfernt, sondern gerade diese zur Doktrin auserwählt. Die Wirklichkeit wird durch eine minutiöse Dingtreue gesteigert, ja übersteigert und erhält dadurch eine betörende, ja fast magische Wirkung. Daher wird diese Stilrichtung gerne auch «Magischer Realismus» genannt. Durchgehend wählt Stoecklin ein einzelnes, signethaftes Motiv, monumentalisiert es und verleiht ihm durch sorgfältige Modellierung fast haptische Qualität. Die Gegenstände sind, plastisch überhöht, in die Raumlosigkeit geworfen. Dieser neu-sachlichen, beinahe fotografischen Richtung haben sich vor allem Basler Künstler angenommen, weswegen man auch von «Basler Schule» spricht. Dieser Stil dominiert in der Schweiz zwischen 1930 und 1950 die gesamte Konsumgüterwerbung. Charakteristisch für Leupins Schaffen ist die Verbindung von feinem Humor und zarter Poesie. Hierin unterscheidet er sich von seinen Berufskollegen.
Ein weiterer Zeuge dieses Stils ist das Eptinger-Plakat von 1941 für die Eptinger Brunnenverwaltung, Sissach. Vor blauem Himmel schräg ins Bild gerückt, dominiert die Eptinger-Flasche den gesamten Bildraum. Von links oben hängt ein soeben von einer Hummel auserwählter Kirschblütenzweig, der Assoziationen an Frühling und Frische erweckt. Leupin überhöht dabei die Mineralwasserflasche mit ihren aufsteigenden Kohlesäureblasen bis zur illusionistischen Greifbarkeit. Die bis zum Äußersten gesteigerte Dingtreue verleiht dem Gegenstand eine unausweichliche Präsenz.
Ähnlich geht Leupin beim Plakat des Waschmittelpulvers Jä-Soo, 1942 der Seifenfabrik Friedrich Steinfels AG, Zürich, vor. Er spannt die schlicht grüne Packung zwischen ein diagonal ins Bild gesetztes, den gesamten Raum beherrschendes «Chlüppli». Die naturalistische Sachdarstellung besticht durch ihren suggestiven Blickfang.
Repräsentativ für den Stil Herbert Leupins der 1940er Jahre ist das Plakat der Kernseife der Waschmittelfirma Friedrich Steinfels AG, 1943, das gleichsam zur Ikone des Sachplakates wird. Wie ein erratischer Block ist die Kernseife isoliert auf einen neutralen, königsblauen Grund gestellt, der sich im Sinne einer Steigerung der Raumtiefe von unten nach oben farbig verdunkelt. Der Werbegegenstand ist in naturalistischer Perfektion, quasi trompe-l'ceil, gemalt. Zusätzlich reizt ein Wassertropfen das Konsumentenauge. Leupin spricht von einem «Gschänggli vo mir an Betrachter», sozusagen das Salz in der Suppe, ein optischer Blickfang von erhöhter Persuasionswirkung, der das Sehen irritiert. Es ist eine Art überspitzter Realismus, eine pseudo-fotografische Oberflächennachbildung, eine ins Fantastische übersteigerte Dingtreue von fast surrealer Wirkung. Leupin erhebt ein lapidares Reklamesujet magisch überwirklich in die Bildfläche und nobilitiert oder ästhetisiert damit das Banale.
1943 geht Leupin siegreich aus einem Plakatwettbewerb für die Schweizer Mustermesse in Basel (MUBA) hervor. Als Sujet für diese jährlich stattfindende Leistungsschau wählt Leupin vier monumentale, schräg in die Bildfläche eingefügte Kettenglieder, die symbolhaft für Zusammenhalt und Stärke stehen sollen. Seine Erklärung zur Wahl dieses Motivs ist die folgende: «Als kleines, vom Ausland abgeschnittenes Volk, das unter schwierigen Verhältnissen auf sich selbst gestellt ist, wird in der Schweizer Wirtschaft im vierten Kriegsjahr Entscheidendes von der Zusammenarbeit ihrer Glieder abhängen, und dafür schien mir die Kette das eindringlichste und gleichzeitig suggestivste Plakatmotiv zu sein. Ich wollte das Aufeinanderangewiesensein der verschiedenen Wirtschaftszweige, der Kantone und nicht zuletzt der vier Landesteile verdeutlichen und deshalb die vier Glieder der Kette ursprünglich mit den Symbolen von Handel, Industrie, Gewerbe und Wissenschaft versehen. Im Verlauf der Arbeit merkte ich aber, dass größtmögliche Einfachheit am stärksten wirkte. So ließ ich alle Einzelheiten fort, der Akzent liegt dadurch umso deutlicher auf dem Zusammenarbeiten.» In exakter, sachgetreuer Bildsprache vermag Leupin die erstrebte Aussage zu optimieren.
Durch höchste Suggestionskraft, Prägnanz und Einfachheit besticht die Panteen-Locke auf dem Plakat von 1945 für die Hoffmann-La Roche AG, Basel. In minuziöser Dingtreue malt Leupin eine Haarlocke auf schwarzem Grund und gibt ihr einige Lichtreflexe bei, die die Locke plastisch erscheinen lassen. Die Haarlocke ist in naturalistischer Perfektion gemalt, in einer fast hyperrealistischen Malweise, wo sich Realität und Illusion überschneiden.
«L..1 die vielleicht reizvollste, farbig besonders delikate Lösung fand Herbert Leupin für Zephyr-Rasierseife, wo der Markenname wie eine Schaumkrone auf dem Rasierpinsel schwebt», wie Willy Rotzler meint (Friedrich Steinfels AG, Zürich, 1948). «Wer Zephyr auf dem Pinsel hat, rasiert sich sauber, rasch und glatt», so der Slogan. Ähnlich das Plakat für die Basler Großmetzgerei Bell 1965: Eine silberne Gabel spießt den roten «Bell»-Schriftzug wie ein Stück Fleisch auf. Die Gedanken-Relation ist überraschend, die verbale und bildliche Artikulation jedem Konsumenten klar. Auch ein Ausländer soll erkennen, um was es geht. Leupin: «Ein Chinese, der in die Schweiz kommt, muss ohne weiteres erkennen können, wofür ein Plakat wirbt, auch wenn er kein Wort deutsch versteht.»
Es fällt auf, dass sich Leupin Ende der 1940er Jahre allmählich vom Stil des Magischen Realismus löst und andere Wege sucht, seine Werbebotschaft zu formulieren. Sein grafischer Stil wird sichtlich freier. Die akribisch genaue Dingabbildung weicht einer malerischen Wiedergabe. Freiere Zeichnungen, Fotografien, Collagen, reine Schriftkompositionen setzt er abwechslungsweise ein. Leupin selbst spricht von einer Schaffenskrise. Diese ist hauptsächlich durch die Unzufriedenheit mit der minuziösen, aufreibenden Detaildarstellung bedingt.
1945 heiratet Herbert Leupin Elsa Schaumberger, die ihm zwei Söhne schenkt. Leupin findet in den Kinderzeichnungen seiner Söhne einen Jungbrunnen für sein Schaffen. «Es war ein Wendepunkt in meinem Stil.
Bisher hatte ich realistisch, fast surrealistisch gearbeitet... Nun begann ich — auch beeinflusst durch meine Kinder Thomas und Charles — naiv zu zeichnen, mich nicht mehr in Kleinigkeiten zu verlieren, auf das Wesentliche zu kommen.»
Die 1950er Jahre sind, nach der Schaffenskrise, von einem «Aufbruch nach neuen Ufern» geprägt. Eine lockere, spontane, skizzenhafte Malweise mit kräftigen Farben herrscht vor. Überraschende Motiveinfälle und gedankliche Assoziationen stehen nun zunehmend als Grundlage der Gestaltung im Vordergrund.
Die bewusste Abkehr vom rein grafischen Stil hin zu einer malerischen, primär von der Farbe her bestimmten Aussage zeigt das Plakat für die Fremdenverkehrswerbung der Stadt Basel, 1952. «Basel — das ist eine Stadt, die ich sehr liebe. Mit dem Plakat habe ich Basel charakterisiert: das Münster, den Zoologischen Garten, viel Grün und das Symbol des Rheins. Und noch etwas: Wir Basler erheben Anspruch darauf, witzige, humorvolle Bürger zu sein. Das soll die gewollte Naivität dieses Plakates zeigen.»
Für die Vollmilchschokolade Milka 1952 der Suchard SA malt Leupin auf grünen Grund eine Kuh, deren Leib die rechteckige lila Milchtafelschokolade bildet. Um den Markenartikel, der im Zentrum des Gedankenräderwerks steht, baut Leupin seine farbenfrohe Assoziation. Damit ist der Welthit und Prototyp für die Milka-Identifikation, die «lila Kuh», geboren.
1954 entsteht Leupins Lieblingsplakat, das Stumpen rauchende Rössli für die Burger Söhne AG in Burg. Die Bildidee ist unauswechselbar und in seiner Einmaligkeit bis heute unerreicht. Doch die Tierschützer zeigen sich erbost: «Tierfreunde meinten damals allen Ernstes, es sei doch wirklich ungesund, Pferde mit Raucherwaren zu versorgen.»

Auch das Plakat für die Morgenzeitung Tribune de Lausanne von 1955 gehört zu Leupins Favoriten. Aus dem Zeitungskopf der Morgenzeitung «Tribune de Lausanne» schneidet er silhouettenhaft eine pittoreske Cafetiere aus. Damit kann sich der Leser «... chaque matin» den Trank der Neuigkeiten einfüllen. «Die Gedankenverbindung von der Kaffeekanne zur Zeitung erzeugt bei jedem Beschauer ein gewisses Wohlbehagen, das sich mit der Vorstellung des Morgenkaffees verbindet. Dieses Wohlbehagen ist eine gute Grundlage für die Werbung.»
Unschlagbar in Prägnanz und Idee ist der Clown für den Schweizer Nationalzirkus Knie 1956, der seinen eigenen Namen in Form eines Buchstabenturms auf gleichbenanntem Körperteil balanciert. «Eines Tages – es war wohl 1953154 – da rief mich der Knie an und bat mich, für ihn ein Plakat zu machen. Knie ist ein Zirkus. Wenn er Arm oder Hand geheißen hätte, wäre wohl etwas anderes daraus geworden.» Leupins Plakat gefällt selbst dann, wenn der Sinn des Wortspiels nicht verstanden wird. 0989 bin ich angefragt worden, ob dieses Plakat mit abgeändertem Zirkusnamen in einem amerikanischen Film mit Tom Selleck verwendet werden dürfe. Ich habe abgelehnt – sie hatten das Wortspiel leider nicht verstanden.»
Die 1950er Jahre zählen zu Leupins produktivster Zeit. Unzählige Spitzenwerke entstehen, die heute zu Klassikern geworden sind. Auch das Ausland wird auf Leupin aufmerksam. Es hagelt Aufträge. Leupin entwirft in der Folge ganze Werbekonzepte für die Zigarettenmarken Salem Nr.6 (1951–1964) der Philip Reemtsma GmbH Hamburg und Roth-Händle (1967–1979) der Roth-Händle GmbH Lahr.
In den 1960er Jahren stehen überraschende Bildfindungen und gedankliche Assoziationen zunehmend als Grundlage der Gestaltung im Vordergrund. Für das Grapefruitgetränk Pepita entwirft Leupin 1964, in seinem unfehlbaren Instinkt für das Plakative, ein reines Schriftplakat in der Form eines Triptychons (ein 1312-Format mit Drillingen). Die kleinen farbigen und großen weißen Buchstaben versprüht Leupin auf mittel-grünem Grund, so dass der Markenname in immer wieder neuen Variationen gelesen werden kann und der Schriftzug in seiner verschobenen Anordnung an Bläschen von Limonade erinnert.
Für die Zeitschrift Die Tat trifft Leupin 1968 sprichwörtlich den Nagel auf den Kopf: Er schneidet aus einem Zeitungsartikel Hammer und Nagel aus und setzt sie auf roten Grund. Die Doppelbedeutung von «Tat» und «Nagel auf den Kopf treffen» überträgt sich automatisch auf die Qualitäten des anzupreisenden Produktes.
1969 gestaltet Leupin ein — Plakat für das Basler Stadttheater. In freier Manier der künstlerischen Mission dieses kulturellen Institutes entsprechend – bannt er auf schwarzem Grund, weiß hervortretend, in delikat-fragilem Pinselduktus, Mann und Frau auf das Plakat. Die Grenze zwischen Werbe- und Künstlerplakat ist verwischt, die Symbiose zwischen Grafik und Malerei gelungen.

In den 1970er Jahren beginnt Leupin, sich immer ausschließlicher der freien künstlerischen Arbeit, die sich um die Figur des Clowns dreht, zuzuwenden. «Der Clown hat es mir nun einmal angetan und lässt mich nicht mehr los.» Damit unterstellt sich Leupin ganz neuen Regeln, setzt sich ganz anders gearteten Kriterien aus. Die Verspieltheit der schillernden Zirkuswelt widerspiegelt der Blumen darreichende Knie-Clown mit Ordensband in einem Plakat von 1959 sowie der Schweizer Pantomime Dimitri 1970. Ein dünner Pinselstrich charakterisiert sein Äußeres, eine feine Melancholie durchzieht sein Lächeln, kleine schwarze Flecken markieren seine traurigen Augen.
Mit einem gefüllten Benzinfass voll SBB Super von 1978 reagiert Leupin auf den Erdölschock zu Beginn der siebziger Jahre und propagiert das Umsteigen auf die Bahn. Der Slogan beinhaltet den attraktiven Doppelsinn von leistungsfähigem Super-Benzin und der SBB als Super-Beförderungsmittel. Die SBB-Verantwortlichen begrüßen den Entwurf, fürchten aber, damit die Autolobby zu provozieren. Letztlich aber ist nicht das leiseste Hupen von seiten der Autolobby zu vernehmen. Im Gegenteil: Die SBB-Generaldirektion verlangt von ihrer Marketingabteilung eine Stellungnahme, weswegen das Plakat nur zwei Wochen im Aushang war.
In den 1980er und 1990er Jahren entstehen nur noch sporadisch Werbeplakate. 1985 entwirft Leupin das Hündchen Felix mit Schlappohren und Silberblick für die Felix Polstermöbel Rheinfelden. Die Arbeit überzeugt durch die signethafte Prägnanz und verdeutlicht Leupins unfehlbares Sensorium für Farbnuancen.
Leupin ist und bleibt innerhalb der Schweizer Werbegrafik der Doyen und Wortführer, immer wieder nachgeahmt, doch selten nur erreicht. Ein hohes Maß an geistiger Konzentration, unablässiger Arbeit und Kultivierung der Mittel, geleitet von einem naturgegebenen Ingenium, gespeist von der Leidenschaft für das Metier. In unverkennbarer Weise hebt er den hochedlen Markenartikel auf den Altar. Dabei stellt er sich ganz in den Dienst der Sache und variiert den Stil je nach Aufgabe, ohne seiner persönlichen Linie untreu zu werden. Einfallsreichtum, Humor und Animation heißen seine großen Begabungen. Der legendäre Basler Witz liebenswürdiger Art sorgt für immer neue Überraschungen. Mit jeder weiteren Arbeit entsteht ein weiterer Lausbubenstreich, eine neu gemalte Schnitzelbankpointe. Leupins Plakate bieten eine freudige Begegnung mit alten Bekannten, die man lange nicht mehr gesehen, aber nicht aus der Erinnerung entlassen hat.

Claudia Steinfels lic. phil. I, Kunsthistorikerin